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Eigenbetrieb Stadtentwässerung und Badenova stellen Pilotprojekt vor
EBM Otto Neideck: „Das Freiburger Modell wird Kommunen viel Geld sparen“

Freiburg ist berühmt für seine Sonne. Jetzt will die Stadt nachweisen,
dass man hier auch mit Regen das Richtige anzustellen versteht.
Heute hat Erster Bürgermeister Otto Neideck im Gewerbegebiet Haid
eine neue Methode für die alte kommunale Aufgabe der Behandlung
von Regenwasser vorgestellt. Die Regenwasserklärung Freiburger
Modell (RFM), vom Eigenbetrieb Stadtentwässerung (ESE) mit der
Badenova entwickelt, soll den Grunderwerb und Bau von Klärbecken
in vielen Gewerbegebieten weitgehend überflüssig machen.

„Das Ergebnis bleibt gut, der Aufwand ist aber viel geringer. Mit
unserem Freiburger Modell können die Kommunen nachhaltig Geld
sparen. Und dieses Argument zählt immer mehr in Zeiten steigender
Ausgaben“, sagte Bürgermeister Neideck. ESE-Geschäftsführer
Jürgen Bolder und Projektleiter Michael Mündlein von der Badenova
verwiesen darauf, dass das RFM als kostengünstige Alternative zur
konventionellen Bauweise auch an anderen behandlungsbedürftigen
Einleitstellen angewandt werden könne. Die Wirkungsweise werde
überwacht, dokumentiert und ausgewertet, so dass daraus Regeln
der Technik abgeleitet werden könnten.

Entwickelt, erprobt und nun eingebaut wurde das neue Modell der
Regenwasserklärung im Gewerbegebiet Haid. Dessen Kanalisation
stammt aus den 1970er Jahren. Sie gibt Niederschlagswasser über
ein Regenrückhaltebecken bei den Schlatthöfen in den sehr kleinen
Schelmengraben ab. Da dieses Wasser aus einem Gewerbegebiet
kommt, ist es zum Schutz des weiterführenden Gewässers zu
behandeln; dies schreibt der Gesamtentwässerungsplan der Stadt
vor. Bei einem Störfall muss es zurückgehalten werden können.

In der Regel wird in solchen Fällen ein Regenklärbecken gebaut, für
das die Kommune entsprechende Flächen erwerben muss.
Richtlinien des Landes fordern einen Feststoffrückhalt von
mindestens 50 Prozent. Um diesen Wert zu erreichen, müsste im Fall
Haid ein konventionelles Regenklärbecken im Dauerstau entstehen,
mit einem Volumen von 847 Kubikmetern und 423 Quadratmetern
Oberfläche – das ist mehr als ein halber Fußballplatz.

Nun hatten ESE und Badenova die Idee, einfach den bestehenden
Kanal mit einem Innendurchmesser von 2,10 Meter zur Behandlung
des Regenwassers einzusetzen. Weil dieses Vorgehen von den
Regeln bestehender Technik abweicht, musste der ESE nachweisen,
dass damit eine ausreichende Reinigung erreicht werden kann. Das
gelang mit Hilfe der Universitäten Stuttgart und Darmstadt. Der
Innovationsfonds der Badenova übernahm die Hälfte der Kosten.

Seit Dezember 2012 wird in der Bötzinger Straße an der neuen
Regenwasserklärung gebaut. Für 1,6 Millionen Euro entsteht bis Juni
2013 am Ende des Kanals ein Steuerungswerk, das Regenwasser
weitgehend reinigt, bevor es ins Rückhaltebecken eingeleitet wird.
Weil das Verfahren in Deutschland bisher einmalig ist und künftig
auch andernorts zum Einsatz kommen soll, kontrolliert und
dokumentiert der ESE die Wirkungsweise der Anlage.

Da sie alle Oberflächenabflüsse im Gewerbegebiet aufnehmen und
die Entlastung in einen naheliegenden Schmutzwasserkanal
ermöglichen muss, kam als Standort nur eine Stelle in Betracht. Sie
liegt in einem Fußweg im Stadtwald. Dafür wurde nun ein Becken
aus Stahlbeton errichtet, mit Außenmaßen von 9 mal 8 Metern. Die
Deckenplatte, mit sechs Schachteinstiegen und Montageöffnung
ausgestattet, hält Fahrzeugen bis 30 Tonnen aus. Alle Einbauten
regeln sich dank Mess-Steuer-Technik selbst. Dazu zählt eine 2,10
Meter hohe Schwelle mit Entlastungsschieber, der bis auf 1,10 Meter
über Kanalsohle absinken kann, um Klarwasser in den Vorfluter
einzuleiten; eine schwimmende Tauchwand vor der Schwelle; eine
Verbindung zum Schmutzwasserkanal mit Verschlussschieber; ein
Bypass DN 250 für Fremdwasser mit Abscheidefunktion für
Leichtflüssigkeit, Verschlussschieber und Ableitungsmöglichkeit in
den Schmutzwasserkanal; sowie ein Sand- und Geröllfang.

Und das Ganze geht so: Bei Trockenwetter (Ausgangslage) ist der
Entlastungsschieber an der Schwelle in oberer Stellung, der Schieber
DN 500 zum Schmutzwasserkanal geschlossen, die Öffnung DN 250
geöffnet (damit Fremdwasser abfließen kann) und der Spülschild im
Oberwasser des Regenwasserkanals ebenfalls geöffnet.
Sobald Regen einsetzt, werden die Öffnung DN 250 und der
Spülschild im Oberwasser geschlossen. Damit wird das gesamte
Regenwasser zurückgehalten; Spülwasser sammelt sich an.

Auch bei Ãœberstauung der Schwelle durch anhaltenden Regen
bleibt der Entlastungsschieber geschlossen. Sobald das Volumen
(982 Kubikmeter) gefüllt ist, hält das RFM den ersten Spülstoß an
belastetem Regenwasser zurück. Das nachfließende Wasser
überströmt die Schwelle. Die schwimmende Tauchwand hält
Schwimmstoffe davon ab, über die Schwelle in die Vorflut zu
gelangen. Schieber DN 500 zum Schmutzwasserkanal und Öffnung
DN 250 bleiben während dieses Vorgangs geschlossen.
Mit dem Ende des Regens beginnt die Entlastung. Die Schwelle
wird bis auf 1,10 Meter über der Sohle abgesenkt, das Wasser über
dieser Höhe fließt in den Vorfluter, nachdem sich Schmutzteile
abgesetzt haben. Bei Erreichen von 1,10 Meter über Sohle verbleibt
eine Restwassermenge von 200 Kubikmetern im Kanal.
Um auch diese Restwassermenge abzuleiten, wird der Schieber DN
500 zum Schmutzwasserkanal geöffnet. Zur Reinigung des RWKanals
wird schließlich das Spülschild im Oberwasser geöffnet.

Ob es regnet oder nicht, ermitteln automatisch ein Regensensor und
die Wasserstandsmessung im Zulaufkanal. Alle Vorgänge und
Messungen werden erfasst und zur Abwasserleitstelle bei der
Badenova übertragen.
 
Eintrag vom: 09.05.2013  




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