Tschimpke: Auf einen Wolf anzulegen ist kein Kavaliersdelikt
Berlin – Die Obduktion einer am 19. März bei Mücke im Landkreis Görlitz tot aufgefundenen Wölfin zeigt: Das Tier starb eines natürlichen Todes, wurde in seinem Leben aber mindestens zweimal angeschossen und massiv verletzt. Das teilte das Kontaktbüro Lausitz am gestrigen Mittwoch mit. Bei der Untersuchung im Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin wurden mehrere eingewachsene Blei- und andere Metallteile im Körper der Wölfin gefunden. Der NABU zeigt sich hinsichtlich dieser Befunde erschüttert. „Die Bleifunde im Körper der Wölfin zeigen, dass auch in deutschen Wäldern nach wie vor auf Wölfe geschossen wird. Dabei ist der Wolf eine streng geschützte Art. Auf ihn anzulegen ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Bereits 2005 war beobachtet worden, dass das damals noch junge Muttertier des Nochtener Rudels nur noch ein Auge hatte. Die Obduktion belegt nun, dass der Verlust des Auges durch ein Geschoss verursacht wurde. Trotz ihres Handycaps kann die Wölfin „Einauge“ auf ein erfülltes Leben zurückblicken: Sie wurde als eine der ersten freilebenden Wölfe in Deutschland geboren und verbrachte ihr ganzes Leben in der Lausitz im Muskauer Rudel. Nach ihren Verletzungen lebte sie noch sieben Jahre und schenkte mindestens 42 freilebenden Wölfen das Leben. Unter ihren Nachkommen sind Tiere des ersten westdeutschen Rudels in Niedersachsen und der erste Wolf in Dänemark.
Im Jahr 2000 wurden in Deutschland erstmals nach über hundert Jahren wieder Wölfe in freier Natur geboren. Bis heute ist es zu keiner Situation gekommen, in der sich ein Wolf einem Menschen aggressiv genähert hat. „Im Gegenteil: In den letzten zehn Jahren wurden mindestens sechs Wölfe erschossen und 28 überfahren. Einer davon wurde absichtlich zu Tode gehetzt“, so NABU-Wolfsexperte Markus Bathen. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist der Wolf eine streng geschützte Tierart. Illegale Tötungen können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. |